Für Puristen: die Purus-Uhrwerknachführung

Bis in die 90er Jahre wurde in der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" von der Firma Purus-Astro-Mechanik ein kleines mechanisches Wunderwerk beworben:
die Purus, eine "Uhrwerknachführung für die Himmelsphotographie". Und weiter steht in der Bedienungsanleitung: "Der Zweck dieses Instruments besteht darin, die Kamera der scheinbaren Bewegung der Sterne, die von der Rotation der Erde hervorgerufen wird, genau nachzuführen, damit die Sterne nicht als Striche sondern in ihrer tatsächlichen Erscheinung fotografiert werden können." Ein schönes Deutsch, wie ich finde.
Die Purus war eigentlich ein "Abfallprodukt" der Firma Purivox, die Beschallungsanlagen für den Obst- und Weinbau herstellt: mit einstmals mechanischen Vorrichtungen wurden in regelmäßigen Abständen Schüsse abgegeben, um Vögel fernzuhalten.
Die Firma Astromechanik gibt es nicht mehr, die Purus findet man gelegentlich noch im Gebrauchtmarkt. War sie vor ein paar Jahren noch für 50-70 Euro zu haben, so muß man mittlerweile (2011) mit einem Liebhaberpreis von wenigsten 150 Euro rechnen.
Die schwarze Dose mit dem messingfarbenen Deckel beherbergt ein Uhrwerk mit Federaufzug. Einmal ganz aufgezogen tickert das Teil gut eine Woche lang. Das sollte man bedenken, falls man vor hat, damit in den Urlaub zu fliegen. Mit einem runden, schwarzen, metallischen und tickenden Ding im Reisegepäck hat man ganz sicher die vollste Aufmerksamkeit der Flughafen-Security ...

Willst Du mal reinhören?



Das Einnorden

Für den Einsatz schraubt man die Purus auf ein Fotostativ. Das mitgelieferte Sucherfernrohr wird mit einer Halterung auf die Antriebsachse gesteckt und der Polarstern in die Gesichtsfeldmitte gebracht. Sobald man mittels Addition der gegenwärtigen Uhrzeit plus Sternzeit die Rektaszension der Sterne im Süden ermittelt hat, kann man mit Beispielzeichnungen in der Anleitung feststellen, wo im Sucher der Polarstern zu stehen hat.
Ok, ok, es geht leichter, man stellt einfach fest, welches Sternbild grad durch den Meridian geht (puh!) und guckt sich die entsprechende Skizze an. Dementsprechend stellt man dann durch Schwenken und Neigen des Fotostativs den Polarstern ein. Eine Feinverstellung ist nicht vorhanden. Es gab allerdings als Zubehör ein Spezial-Stativ, das eine Feinverstellung der Polhöhe erlaubte. Weiters gab es die Option, die Purus mit umgekehrtem Lauf für den Einsatz auf der Südhalbkugel zu bestellen.

Die Aufnahme

Sobald man die Hürden des Einnordens überwunden hat wird die Purus voll aufgezogen, die Kamera montiert und mit dem Gegengewicht austariert. Das Sucherfernrohr kann zur Nachführkontrolle mit einer Haltefeder in den Blitzschuh der Kamera geschoben werden. Eine Geschwindigkeitskorrektur ist indes nicht möglich. Nun muß man noch eine Minute warten, bis alle Zahnräder ineinander gegriffen haben, und nun kann der Drahtauslöser betätigt werden. Nach der Ausschwingzeit von ein paar Sekunden nimmt man dann die Kappe vom Objektiv und belichtet nach Belieben.

Laut Bedienungsanleitung trägt die Purus 2kg bei maximal 300mm Brennweite, aber das ist wohl eher Utopie. Eine leichte Spiegelreflex mit einem 135mm Tele ist aber durchaus machbar, Beispielfotos findet man in den einschlägigen Astronomieforen. Grundsätzlich gilt natürlich, je kürzer die Brennweite, desto länger kann man belichten, bevor sich eine ungenaue Aufstellung oder ein ungleichmäßiger Gang auf der Aufnahme niederschlägt.

Leider habe ich kein eigenes Bildbeispiel zu bieten, aber vielleicht komme ich ja dieses Jahr endlich mal dazu. Ich nehms mir ganz fest vor, versprochen ;-)

Bis dahin bleibt die Purus mein Lieblings-Exponat in meiner Astro-Devotionalien-Vitrine.



Links und Quellennachweise zum Thema:

Homepage von Christoph Petermann
Geschichte der Purus, bei Astrotreff.de
Die Purus beim Uhrmacher, Astrotreff.de
Homepage der Firma Purivox